Bau einer Gartensternwarte 2019/2020

Vorspiel. Zu Beginn meiner "Astrokarriere" habe ich mir ohne große praktische Vorkenntnisse  eine EQ6 Montierung mit einem Skywatcher 8 Zoll f5 Newton gebraucht gekauft. Im Nachhinein eine super Entscheidung!

In meinem Garten habe ich damit mit einigen 2‘‘ Okularen angefangen, erstmal visuell damit klarzukommen, den Polarstern einzunorden und ein 2-3 Punkt Staralignment erfolgreich zu beenden, wie es in der Gebrauchsanweisung beschrieben ist. Anfangs war es sehr schwer, und dauerte Wochen-Monate, um überhaupt einen Stern im Zentrum des Okulars einzustellen. Besser wurde es mit einem Fadenokular und einem Leuchtpunktsucher.  Nach Monaten tauchte dann erstmal M57 in meinem Blickfeld auf. Klein, aber scharf und eindeutig zu erkennen. Die Freude war groß und auch die herbeigerufene Ehefrau zeigte Anerkennung.

Nun wurde eine gebrauchte, astromodifizierte  Canon 1000d gekauft und los sollte die Deep Sky Suche gehen! Wegen anfangs stümperhafter Kenntnis von der Bildprozessierung habe ich zu Beginn hartnäckig Ziele fotographiert (z.B. M31), ohne sie überhaupt als solche zu erkennen.

Ein großes Problem war aber immer mehr der Angang mit Aufbau, Einnorden, Kabelsalat, Laptopplazierung im Dunklen und der „Turnerei“ am 1000 mm Newton oben am Okular im Dunkeln mit einer Trittleiter auf dem weichen Rasen.
Also ging die weitere Überlegung hin zu einem standardisierten Aufbau auf einem festen Platz. Viele machen das mit  drei stabil platzierten Gehwegplatten, wo man Stativ und Montierung unter einer wetterfesten Haube einige Zeit Wind und Wetter aussetzen kann.  Recherchieren im Netz ließ dann aber auch die Möglichkeit einer festen Betonsäule interessant erscheinen. Dies ist eine  Baumaßnahme, die ich als jahrelang erprobter Hobby-Fachwerkhausrenovierer eigentlich gut beherrsche.

Gartensternwarte. Von da war die Weiterentwicklung hin zu einer kleinen Gartensternwarte nicht weit, für die es mehrere Vorlagen auch für Eigenbauten im Netz gibt. Im Kopf wurde ein Konzept dafür entwickelt und kurzentschlossen mit dem Kauf eines reduzierten Ausstellungsstückes eines Gartenblockhauses mit ca. 7 m2 umbauter Fläche zugeschlagen (Bild1).



Das Haus wurde auf dem Baumarktgelände zerlegt und abtransportiert. Damit stand der Grundriss der Gartensternwarte fest und es wurde eine Schablone aus Holzbrettern gebaut (Bild 2).

Nun musste auf dem Grundstück die geeignete Position festgelegt werden, wobei genaue Vorgaben und Einschränkungen meiner lieben Frau und Gartenchefs zu beachten waren. Im Nachhinein ist die gewählte Position zwar nicht optimal, erlaubt aber im Prinzip die Beobachtung in alle Himmelrichtungen, wobei ich gelernt habe, dass der Süden die wichtigste, der Norden die unwichtigste Himmelrichtung darstellt.




Fundamente. Die erste Baumaßnahme war die Errichtung einer Betonsäule. Wo im Blockhaus sollte ich die platzieren? Wie hoch soll sie werden? Montierung und Teleskop müssen ja noch obendrauf. Das geplante Rollschiebedach muss ja noch auf und zu gehen.
Üblicherweise verwendet man als Form für die Betonsäule eine sogenanntes KG-Rohr, das in Baumärkten als Wasserrohr günstig gehandelt wird. Große Größen sind aber eher was für Spezialisten und daher nicht leicht zu finden. Nach einigen Hin- und her wurde ein 2 m Rohr, Durchmesser 30 cm gekauft.
Zuerst wurden Betonfundamente für eine innenliegende Holzkonstruktion, die später das Rollschiebedach tragen soll, gegossen. Dazu erhielt eine Holzschablone an allen 4 Ecken und zusätzlich in der Mitte jeder Seite eine quadratische Form als obere Begrenzung für die Fundemente (Bild3).





Der Boden in diesen Öffnungen wurde auf ca. 80 cm ausgehoben und eine kleine Bewährung mit Baustahlresten geschweißt (Bild 4). Anschließend wurden die 8 Fundamente betoniert. Im vorderen Drittel des Hauses wurde als nächster Schritt der Boden für das Fundament für die Betonsäule ausgehoben (80 x 80 x 80 cm). Auch hier wurde eine Bewährung eingebracht und das KG Rohr mittig aufgestellt, das ebenfalls innen eine Bewährung bekam (Bild 5-9).









In das KG-Rohr wurde innen ein Stromkabel und ein USB3.0 Kabel eingebracht und durch Stützen von außen genau senkrecht stabilisiert (Bild 10). Nun wurde Beton eingebracht,  sodass das Fundament incl. des KG-Rohres mit Beton gefüllt waren. Beides wurde durch sorgfältiges Stampfen mit geeigneten Werkzeugen verdichtet. 




Am Schluss wurde zügig ein vormontierter Betonsäulenadapter für die Skywatcher EQ6-Montierung in den frischen Beton so eingedrückt, dass dabei der Zapfen auf der Oberseite mit Kompass genau nach Norden ausgerichtet war (Bild 10, 11).






Zusammenbau des Blockhauses. Nach Aushärten des Betons waren die  Blockhausteile schon neu lackiert und wurden wieder  zusammengesetzt, wobei die erste Lage erhöht aufgebaut wurde (Bild 12, 13).  Nun wurde innen die oben erwähnte Holzkonstruktion angebracht, die später das Rollschiebedach tragen soll (Bild 14, 15). Dazu wurde Konstruktionsvollholz verwendet (7 Ständer 10x10 cm, Querstreben und 45Grad Versteifungen (8x8 cm). Die 45Grad Versteifungen sorgen für eine hohe Stabilität der Konstruktion. Die Ständer stehen dabei auf verstellbaren Pfostenträgern, die am Beton festgedübelt und unten an die Ständer geschraubt wurden (Bild 12, 13).





Aufbau der Dachkonstruktion. Auf den seitlichen Ständern wurde oben an den beiden Seiten jeweils ein langer Deckbalken angebracht, der die doppelte Länge des Hauses ausmachte und als Führung und Aufnahme des Rolldaches dient (Bild 16).




Außen wurde dazu eine Stützkonstruktion mit zwei weiteren Fundamenten Ständern, Querbalken und 45Grad Verstrebungen angebracht. Als Mechanismus des Rolldaches wurde ein System aus Metallschienen und Metallrollen gewählt, die üblicherweise für Schiebetore verwendet werden (Bodenlaufschiene,  U-förmig Rollen R8).  Die Rollen wurden in die Balken des Dachschlittens partiell eingearbeitet und die Rollenhalterung an die Balken festgeschraubt (s. Bild 17).   Querbalken und 45Grad Verstrebungen stabilisierten wiederum diesen Rollschlitten (s. Rolle Bild 19). Der Originaldachstuhl (Bild 18) wurde über geeignete Winkelbleche auf den beweglichen Dachschlitten geschraubt. Danach wurde das Dach mit den Original-Nut-und Federbrettern geschlossen. Darauf kam dann eine Bitumenbahn und darüber einw weitere Bitumenschicht mit Bitumendachschindeln, aus denen dann auch ein First aus Bitumenschindeln genagelt wurde. An den den beiden Traufseiten wurde eine Blechtraufe unterlegt um Regenwasser nicht an Holz kommen zu lassen.

Das gesamte Blockhaus wurde neu gestrichen mit einer hochwertigen roten Holzschutzfarbe. Die Stützkonstruktion wurde mit einer grauen Farbe geschützt.


 


Normalerweise wird der Dachschlitten mit nur einer Klemmvorrichtung gesichert (20). Bei Sturm werden alle 4 Sicherungen angelegt. Einige Stürme wurden so schon problemlos überlebt. Nun wurde als letztes der Dachstuhl (Bild 18) auf den Rollschlitten gelegt und daran festgeschraubt. Das Dach besteht aus Nut- und Federbrettern, die mit einer Teerpappe Schicht verkleidet wurden. Darüber kam eine Schicht von Bitumen-Biberdachschindeln.


Bild20_1
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Vom Wohnhaus aus wurde ein Bodenkabel für Strom und LAN zur Sternwarte gelegt. In der Sternwarte wurden dann Licht und Steckdosen installiert (22). Die Originalbodenbretter des Blockhausen wurde auf eine Bodenkonstruktion zwischen den Querbalken des Innengerüstes gelegt und die Betonsäule dabei so ausgeschnitten, dass kein Kontakt zur Säule besteht. Die Säule sollte natürlich vom Boden vibrationsentkoppelt sein, sodass man nachts die Sternwarte während Messungen problemlos betreten kann.


Erfahrungen aus dem Betrieb der Sternwarte

Ingesamt ist so eine Gartensternwarte die größte Motivationshilfe, die man sich denken kann. In der Praxis viel besser als gedacht. man ist jederzeit, sofort ohne großen Aufwand startbereit!



Das Dach ist problemlos mit einer Hand zu öffnen. Eine Motorisierung ist hier unsinnig. Das Dach ist bei mir (leider) nach Süden ausgelegt was etwas stört bei den vielen flachen Zielen im Süden. Deshalb wurde die Schienen nochmal um 30 cm verlängert bis an den äußeren Rand der Stützkonstruktion. Im Nachhinein stellte sich auch raus, dass man die Betonsäule um ca. 30 cm hätte höher bauen können. Den Fehler haben wohl viele gemacht. Aber das konnte mit einer Säulenerhöhung aus Metall korrigiert werden. Dadurch muss man beim Öffnen und Schließen im Falle von großen Teleskopen die Montierung etwas manuell bewegen, dann kann der Schlitten daran vorbei bewegt werden. Dabei ist aber Sorgfalt geboten, um das Dach nicht an die Montierung oder an Telekope zu stoßen und sie dadurch nicht zu dejustieren. Das ist leider naturgemäß einige Male passiert. Danach war die Montierung gegen den Polarstern  so grob verstellt, dass ein exaktes Guiding kaum noch möglich war. Dadurch musste ich mir wieder angewöhnen, regelmäßig auf den Polarstern zu kalibrieren, was man eigentlich bei der Platesolving-Technik nicht mehr braucht.

Die LAN-Anbindung ist ein Segen, denn nun kann der Betrieb vom Haus aus gesteuert und kontrolliert werden und man muss nicht nachts draußen sitzen. Auch die Daten können quasi live übertragen werden und dadurch schon Zwischenauswertungen mit Astro Pixel Prozessor gemacht werden. In vielen  (sicher regenfreien!) Nächten habe ich seither automatisch Ziele aufgenommen und dabei selbst geschlafen. Das Steuerprogramm N.i.n.a. arbeitet dabei sehr zuverlässig und steuert Montierung und Kamera vollautomatisch, fährt auch selbstständig verschiedene Ziele an. Am Ende kann das Teleskop dann in eine sichere Parkposition gesteuert werden.

Nach durchfotographierten Nächten mit geöffnetem Dach ist die Feuchtigkeit besonders in den Morgenstunden allerdings ein gewisses Problem. Die Nähe der Elbe und der sehr nahen Sude ist für die Feuchtigkeit wohl das Hauptproblem. Deshalb wurde der PC mit einer Hülle vor Feuchtigkeit geschützt und die Teleksope möglichst mit Heizung und Taukappen ausgerüstet.


KOSTENAUSTELLUNG

Anbei eine Kostenaufstellung. Durch die fast komplette Eigenleistung sind die Kosten für so eine Sternwarte relativ begrenzt. Insbesondere der Kauf eines Ausstellungsblockhauses und die Betonarbeiten in Eisenleistung sparen viel Geld. Dadurch, dass der gesamte Unterbau des Blockhaus an eine stabile Stützkonstruktion für das Rolldach quasi angehängt ist, ergibt sich zudem eine sehr robuste und sichere Bauweise für ein Rolldach, das sicher in seine Schiene fährt und mit einer Hand zu Öffnen oder Verschließen ist.