Offene Sternhaufen

Offene Sternhaufen sind eine Ansammlung von einigen hundert  relativ jungen Sternen, die  lokal in einem Nebelgebieten gebildet werden. Man findet sie nur in Galaxien, in denen noch Sternbildung stattfindet. Die Haufen sind selten älter als ein paar hundert Millionen Jahre.  Die Sterne hellen die Molkülwolke auf, in der sie entstanden sind. Für gewöhnlich werden 10 % der Masse der dieser Gaswolke für die Sternentstehung benutzt, bevor der Strahlungsdruck der enstehenden Sterne den Rest fortgebasen hat.  

Eine aktuelle Studie ( Kroupa et al. 2022) an offenen Sternhaufen zeigt möglicherweise was sehr überraschendes. Meist überleben offene Sternhaufen nur einige hundert Millionen Jahre, bevor sie sich auflösen.  Dabei verlieren sie regelmäßig Sterne, die sich in zwei sogenannten „Gezeiten-Armen“ ansammeln. Einen dieser Arme zieht der Haufen bei seiner Reise durch das All wie einen Schwanz hinter sich her. Der andere läuft dagegen wie eine Speerspitze vorneweg. Nach den Newtonschen Gravitationsgesetzen unterliegt es dem Zufall, in welchem der Arme ein verlorener Stern landet, beide Arme müssten also ungefähr dieselbe Zahl von Sternen enthalten. Jetzt wurde aber nachgewiesen, dass  der vordere Arm stets deutlich mehr Sterne als der hintere Arm aufweist. Dazu wurde eine Methode entwickelt, mit der man Sterne in den Armen erstmals exakt zählen konnte. Bei der Analyse sämtlicher Daten  wurde wiederholt eine Diskrepanz zur gängigen Theorie gefunden. Die Beobachtungsdaten passen deutlich besser zu einer These, die in Fachkreisen unter dem Akronym MOND („Theorie der MilgrOmscheN Dynamik“) firmiert. „Vereinfacht gesagt, können Sterne einen Haufen laut MOND durch zwei verschiedene Türen verlassen“, erklärt Kroupa. „Die eine führt zum hinteren Gezeitenarm, die andere zum vorderen. Die erste ist aber viel schmaler als die zweite - es ist also unwahrscheinlicher, dass ein Stern den Haufen durch sie verlässt. Die Newtonsche Gravitationstheorie hingegen sagt voraus, dass beide Türen gleich breit sein müssten. Als Konsquenz sind offene Sternhaufen kurzlebiger, als Newtons Gesetze voraussagen, was mit dem tatsächlichen Bild gut übereinstimmt. Die MOND-Theorie ist in der Fachwelt allerdings nicht unumstritten. Denn da in ihr die Newtonschen Gravitationsgesetze unter bestimmten Umständen keine Gültigkeit hätten, sondern abgeändert werden müssten, hätte das weitreichende Konsequenzen auch für andere Bereiche der Physik. „Andererseits löst sie viele Probleme, mit denen die Kosmologie heute zu kämpfen hat“, erklärt Kroupa, der auch Mitglied in den Transdisziplinären Forschungsbereichen „Modelling“ und „Matter“ der Universität Bonn ist. Das Team erforscht nun neue mathematische Methoden für noch exaktere Simulationen. Mit ihnen ließen sich dann weitere Belege dafür finden, ob die MOND-Theorie zutrifft oder nicht.


Kroupa P et al.  Asymmetrical tidal tails of open star clusters: stars crossing their cluster’s práh† challenge Newtonian gravitation, Monthly Notices of the Royal Astronomical Society, Volume 517, Issue 3, December 2022, Pages 3613–3639, https://doi.org/10.1093/mnras/stac2563